Donnerstag, 4. Oktober 2007

Ökumenische Fragen

Die eigentliche Streitfrage zwischen Katholiken und Protestanten ist die nach dem Kirchenverständnis. Alles andere halte ich für lösbar.
In der ökumenischen Debatte wird häufig nur für die eigenen Leute geredet: Im Vordergrund steht das Bestreben, Recht zu behalten, und nicht, in einen geistlichen Lernprozess einzutreten.

Fragen werden nicht immer qualifiziert gestellt, dennoch müssen wir uns den Anfragen der jeweils anderen stellen. Wenn wir nicht in der Lage sind, schlüssige Antworten zu geben, die auch die jeweils anderen verstehen, haben wir noch nicht genug gedacht und gebetet.

Fragen von Protestanten, denen sich Katholiken stellen müssen

  • Warum lasst Ihr Euch, als Bischöfe gegenüber Priestern, als Priester gegenüber dem „Volk“, permanent, und sogar explizit in Euren Dokumenten, „Väter“ nennen, obwohl gerade das Mt 23, 9 verboten ist?

  • Wie kommt es, dass Ihr immer dann von der Geistbegabung und dem allgemeinen Priestertum aller Gläubigen sprecht, wenn sie Euch zuarbeiten sollen, aber nie dann, wenn sie kritische Einwände erheben?

  • Hat Christus denn seinen Aposteln so völlig seinen eigenen Auftrag übertragen, dass er gar nicht mehr selbst in der Kirche regiert? Ist bei Euch Christus nicht ganz in die Geschichte hinein aufgelöst?

  • Warum gebrauchen Eure Bischöfe samt Papst für sich selbst und ihr Amt Bezeichnungen (Heiliger Vater, Hohepriestertum usw.), die allein Gott / Christus zukommen?

  • Haben sie, wenn sie von ihrem „Dienst“ sprechen, nicht eher das Selbstverständnis eines gebildeten römischen Gutsbesitzers vor Augen als Christus, der seinen Jüngern die Füße wäscht wie ein Sklave?

  • Wie geht die Freiheit des christlichen Gewissens damit zusammen, dass sie dauernd davon sprechen, dass dies und das, was nicht in der Bibel steht, fest 'im Gehorsam des Glaubens' anzunehmen sei?

  • Nehmt Ihr die Taufe wirklich ernst genug? Ist bei Euch nicht letztlich Christus nur in den Bischöfen da, und der Rest sind dümmliche Schafe, die zu beaufsichtigen sind?

  • Habt Ihr nicht mindestens zwei Heilige Geister kreiert: Einen den Bischöfen, Priestern und Diakonen vorbehalten, in denen Christus seinen Leib hat, und einen fürs „Volk“, der gerade eben ausreicht, um nicht in die Hölle zu kommen?

  • Gibt es bei Euch auch eine Kommunikation von „unten“ nach „oben“?

  • Wie kommt Ihr dazu, immer von der besonderen Erwählung Eurer Geweihten zu sprechen? Glaubt Ihr tatsächlich, das ist dann einfach dadurch zu kaschieren und wieder gerade zu rücken, dass Ihr an anderer Stelle vom nur 'anderen' Dienst der 'Laien' und der Erwählung des Volkes Gottes als ganzes sprecht? Findet ihr Lumen Gentium nicht selbst widersprüchlich?

  • Wenn Eure Bischöfe Nachfolger des 12er-Kreises der Apostel, der die Gesamtheit der Stämme Israels repräsentiert, sind, wieso sind es nicht 12 und auch keine Juden? Wie versteht ihr also das Wort „Nachfolger“?

  • Wie kommt es, dass unter Euren Gläubigen so viel Angst herrscht, etwas 'falsches' zu sagen?

Fragen von Katholiken, denen sich Protestanten stellen müssen

  • Wie versteht Ihr die Ordination Eurer Pfarrer? Was meint Ihr, wenn Ihr von „Ordination“ sprecht? Entspricht die Theorie der tatsächlichen Rolle?

  • Wie steht Ihr zu Euren Bekenntnisschriften der Reformationszeit? Habt Ihr Euch nicht längst davon verabschiedet? Was glaubt Ihr heute wirklich?

  • Wer kann angesichts dessen heute überhaupt für Euch sprechen? Auf welcher Grundlage, da Ihr Euch doch über die Auslegung der Bibel offenbar in keiner Weise einig seid?

  • Habt Ihr nicht längst selbst eine Tradition entwickelt, die ein Eigenrecht beansprucht neben der Bibel? Legt sich die Bibel wirklich selber aus oder gibt es doch ein Auslegungs-Monopol der Theologen?

  • Spürt Ihr denn etwas davon, dass die Kirche mehr ist als eine beliebige Organisation? Könnt Ihr Christi Gegenwart in der Kirche ehren?

  • Was tut Ihr, um das Heilige zu schützen?

  • Muss sich die Gemeinschaft der Kirche, ihr Einssein nicht auch in der Geschichte manifestieren?

  • Was bewahrt Euch davor, als Kirche immer dem jeweils herrschenden Zeitgeist zu verfallen?

  • Glaubt Ihr selbst an das Priestertum aller Glaubenden, da bei Euch die Theologen die absolute Herrschaft inne haben?

  • Hat M. Luther nicht verdient, dass nach über 450 Jahren sein Idealbild langsam entmythologisiert wird und er Mensch sein darf?

  • Funktioniert die Demokratie, mit der Ihr Euch brüstet, denn in der Praxis? Seid Ihr wirklich so frei, wie Ihr behauptet?

  • Wo ist in Eurem System der Worte Platz für den Unberedten, den einfachen Arbeiter, den Kranken oder Behinderten, den weniger Gebildeten?

  • Wie kommt es, dass bei Euch so viel ungeistlicher Aktivismus herrscht, selbst noch beim Beten, und Eure Pfarrer geradezu Übermenschen sein müssen, um den eigenen Ansprüchen halbwegs zu genügen? Habt nicht Ihr uns immer Werkgerechtigkeit vorgeworfen?

  • Warum brüstet Ihr Euch immer so mit Eurer Vielfalt, obwohl die Ausdrucksmöglichkeiten des Glaubens in der katholischen Kirche weitaus vielfältiger sind?

Fragen an beide

  • Entspricht Euer System – nicht nur dessen unvollkommene Ausfüllung – wirklich dem Evangelium Gottes?

  • Ist es so offen für das Wirken des göttlichen Geistes, wie Ihr Euch auf die Fahnen schreibt?

  • Seid Ihr wirklich zur Umkehr bereit? Wer von Euch ist bereit, sich als Sünder zu bekennen statt sich zu verteidigen?

Keine Kommentare: